MEDIZIN

Krankmacher

Werner Bartens behandelt Infektionen im Gesundheitswesen

Wer ein mal in ein Krankenhaus musste, will in der Regel nie wieder da hin. Wer Werner Bartens' neues Buch Auf Kosten der Patienten gelesen hat, erst recht nicht. Zu schauerlich fällt die Schadensstatistik schon in der Einleitung aus. Da werden falsche Beine amputiert und gesunde Lungenflügel entfernt, da holt man sich ausgerechnet auf der Intensivstation Keime fürs Leben, und an die 17000 Menschen sterben an vermeidbaren Behandlungsfehlern pro Jahr.

Andererseits sind alle Zahlen Schätzungen aus unsicheren Quellen, und selbst die schockierendsten sagen: nur in 0,1 Prozent aller Fälle endet ein Krankenhausbesuch fehlerhaft tödlich. Damit könnten die meisten wohl leben. Bei bloß unerwünschten Nebenwirkungen steigt das Risiko jedoch schon auf bis zu 10 Prozent. Deshalb will Bartens keinem Angst vorm Krankenhaus machen, aber vor Missständen warnen.

Einer ist, dass es nirgendwo ordentliche Register über Operationen und dabei auftretende Fehler gibt. Ein anderer, dass die Pharmaindustrie längst nicht nur Ärzte sondern auch Patientenverbände mit Marketingmaßnahmen für ihre Medikamente gewogen macht, ohne schlüssige Erfolgsstatistiken vorzulegen. Noch komplizierter: Zulassungsbehörden geben zuweilen Medikamente frei, die zwar ein Symptom wirksam bekämpfen, aber nicht bewiesen haben, dass sie auch die Sterblichkeit senken.

Im Zusammenwirken von Wissenschaft, Wirtschaft und Alltagsschlamperei fehle, sagt Bartens, vor allem eine "Fehler-Kultur". Erst allmählich lernen Ärzte, dass sie sich irren, dass ihre Daten falsch sein können, dass sie in einen System arbeiten, das nicht auf Selbstkorrektur angelegt ist. Einen Patienten vor dem Eingriff zu fragen, wer er ist und wo es weh tut, könnte schon etwas helfen. Werner Bartens' Buch in jede Krankenhausbibliothek zu übernehmen, wäre auch eine Maßnahme.

Wing
Werner Bartens: Auf Kosten der Patienten. Wie das Krankenhaus uns krank macht. Eichborn, Frankfurt 2008, 254 S., 19,95